Das Dilemma ist groß: Feiertage, Geburtstage, jedes Jahr aufs Neue. Und meist habe ich keinen blassen Schimmer, was ich meinen Liebsten schenken soll. Brände lägen bei mir ja nahe, scheiden aber gerade aus diesem Grund aus…
Dabei sind die garnicht so eine schlechte Wahl, denn sofern man weiß, dass der Beschenkte gerne mal einen guten Tropfen genießt, schenkt man zumindest mal nichts Unnützes.
Ein guter Brand ist origineller als Wein. Er kommt gerne in geselligen Runden auf den Tisch und versüßt einen netten Abend unter Freunden. Und dabei dürfen es gerne auch mehr als vier Gäste sein – eine Flasche Wein kann da kaum mithalten 😉
Nun ja, ist ja alles schön und gut. Aber woran erkenne ich nun einen guten Schnaps? Wie treffe ich meine Auswahl, um nachher im Spirituosenliebhaber-Freundeskreis nicht dumm dazustehen?
Keine Angst, ich kann Euch helfen…
…und keine Angst: ihr seid nicht die Einzigen, die möglicherweise nicht ganz sattelfest sind auf dem Thema der Spirituosen. Dabei erfahren hochwertige Destillate gerade ein richtiges Revival! Nach der deutschen Whiskywelle Mitte 2000, brach in den letzten Jahren die Ginflut aus und nun wendet sich die Aufmerksamkeit der Genießer neben Exoten wie Rum auch endlich wieder den deutschen Obstbränden zu. Die Tastinganfragen boomen, das Interesse ist groß. Und zum Glück haben wir ehrlichen Brenner endlich die Möglichkeit ein wenig über unser Handwerk aufzuklären.
Worin liegt der Unterschied zwischen einem Brand und einem Geist? Und was ist eigentlich ein Schnaps?
Was macht einen London Gin im Unterschied zu einem Gin aus?
Wieviel Liter Brand kann ich aus 100kg Williams Birnen gewinnen?
Je älter der Brand desto besser? Oder doch nicht?
Wie genieße ich einen Brand richtig?
Wie wird ein Likör hergestellt?
Welcher Digestif passt am Besten zu meinem Dessert?
…
…
…
Fragen über Fragen. Und DIE FRAGE aller Fragen: Welcher Brand ist denn nun der Beste?
Aber mal langsam. Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Um alle Fragen hier zu beantworten, müsste ich ja ein Buch schreiben. Ich gehe heute also folgender Frage nach:
WORAN ERKENNE ICH EINEN GUTEN ‘SCHNAPS’?
Also vorneweg: das Wort ‘Schnaps’ ist keine offizielle Bezeichnung für ein Destillat. Es handelt sich eher um Mundart, als um eine professionelle Begrifflichkeit.
Beim Lesen eines Flaschenetiketts unterscheiden wir zwischen Obstbrand, Obstgeist und Obstspirituose (und dann gibt es noch weitere Spirituosenkategorien wie Gin, Whisky, Rum, usw.). Wir nehmen mal das Beispiel der Himbeere:
HIMBEERBRAND
– Ein Brand wird hergestellt durch Vergärung von fruchteigenem Zucker zu Alkohol und anschließender Destillation. Die Himbeeren werden also zur Maische angesetzt, vergoren und anschließend destilliert. Das Aroma der Rohstoffe soll hierbei erhalten bleiben. –> wir gewinnen neuen Alkohol.
– Der Mindestalkoholgehalt eines Brands ist 37,5 % vol.
– Ein Brand darf nicht aromatisiert werden. (!!!)
HIMBEERGEIST
– Ein Geist wird hergestellt durch das Ansetzen (der Fachausdruck lautet Mazeration) von unvergorenen Früchten mit geschmacksneutralem Alkohol (mind. 96%vol) und anschließender Destillation. Die Himbeeren werden also angesetzt und anschließend destilliert. Das Aroma der Rohstoffe soll hierbei erhalten bleiben. –> wir verarbeiten schon bestehenden Alkohol.
– Der Mindestalkoholgehalt eines Geists ist 37,5 % vol.
– Ein Brand darf nicht aromatisiert werden. (!!!)
So weit, so gut. Nun gibt es Früchte, die sowohl zu einem Brand, als auch zu einem Geist verarbeitet werden können (z.B. eben Himbeeren).
Dann gibt es Früchte, die laut Gesetz sehr wohl zu einem Brand, aber nicht zu einem Geist verarbeitet werden dürfen (z.B. Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Kirschen, etc.).
Und es gibt auch Früchte, die nicht zu einem Brand verarbeitet werden können, weil sie kein Zucker enthalten (z.B. Nüsse, Kräuter, etc.) und somit nur zu einem Geist verarbeitet werden können (oder eben zu einer Spirituose – aber dazu später).
Aber was ist besser: Brand oder Geist?
Das kann man pauschal nicht beantworten. Es kommt immer darauf an, wie gut der Brenner welche Früchte verarbeitet. In jedem Fall ist aber eines sicher: Sowohl beim Brand als auch beim Geist ist jeglicher Zusatz von Aromastoffen verboten. Beides sind natürliche Produkte, deren Aromatik ausschließlich aus den verwendeten Früchten stammen darf.
Das sieht anders aus bei Spirituosen. Spirituose an sich ist zunächst einmal ein Überbegriff für alle alkoholischen Getränke, die mehr alls 15%vol Alkohol in sich tragen. In der europäischen Spirituosenverordnung sind dann alle Kategorien von Spirituosen nochmals einzeln definiert: Geiste, Brände, Whisky, Gin, Likör,… und jedes alkoholische Getränk mit mehr als 15%vol, das keiner Spirituosenkategorie im Speziellen entspricht, darf sich ganz allgemein nur als Spirituose bezeichnen.
Wenn wir nun unsere Minibar zuhause (oder auch die Sortimentsliste unseres Brenners) einmal genauer betrachten, finden wir auf den Etiketten die Verkehrsbezeichnungen, also die Spirituosenkategorien wieder: Brand, Geist, Whisky, Gin, Rum, Likör… oder eben auch einfach nur Spirituose. Da dieser Begriff alles abdeckt, das keine definierte Herstellung hat, können wir nicht wissen, wie diese Spirituose hergestellt wurde. Sie kann sehr hochwertig hergestellt worden sein (z.B. ein Brand, der weiterverarbeitet wurde) oder sie kann im schlimmsten Fall auch durch das Zusammenkippen von Alkohol und Aromastoffen, ggf. noch Zucker und Farbstoffen, gemischt worden sein (und das macht wohl leider den allergrößten Anteil aller im Einzelhandel verfügbaren Spirituosen aus). Hier lohnt sich also ein Nachfragen beim Hersteller!
Alles schön und gut, aber woran erkenne ich denn nun einen GUTEN Brand oder Geist oder … ??
Das ist nun wirklich recht simpel zu beantworten: Probiert doch einfach!
Nutzt die Gelegenheit beim Brenner Eures Vertrauens und kostet die guten Tropfen bevor ihr sie kauft. Jeder von uns hat seinen eigenen Geschmack. Jeder hat seine besonderen Vorlieben. Jeder Brand seinen eigenen Charakter. Ich verspreche Euch, je bewusster und je mehr verschiedene Destillate ihr kostet, desto einfacher wird Euch Eure persönliche Entscheidung fallen, welcher Brand in Euren Augen GUT ist. Das ist eben ein großer Vorteil, wenn man direkt beim Erzeuger einkauft: man muss nicht die Katze im Sack kaufen.
Ihr traut Eurem eigenen Gaumen nicht? Oder ihr wollt einfach nicht kosten? Dann noch ein kleiner Tipp:
Destillate, die mit Gold- oder Silbermedaillen bei Prämierungen (z.B. des fränkischen Kleinbrennerverbands oder von BayernBrand) ausgezeichnet worden sind, sind professionell verkostet und objektiv als gut oder sehr gut ausgezeichnet worden. Ob die nun Euren Geschmack treffen, ist eine andere Frage. Aber zumindest wisst ihr, dass sie einer guten Qualität entsprechen. Im Zweifelsfall kann so eine Auszeichnung also durchaus als Entscheidungshilfe dienen.
So, das wär’s für heute. Ich muss nämlich nun dem Christkind zur Hand gehen.
Wenn ihr noch Fragen habt, ihr wisst ja, wo ihr mich finden könnt: Bis Weihnachten haben wir in unserer Destillathek jeden Samstag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Und ansonsten gerne jederzeit nach Voranmeldung oder auf gut Glück vorbeischauen.
ICH WÜNSCHE EUCH EINEN ERFOLGREICHEN UND GENUSSREICHEN SPIRITUOSENEINKAUF!
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